Herzbergs Wachstums-ABC: Z wie Zellteilung im Unternehmenswachstum
Wenn es um Wachstum geht, ist die Natur beispiellos: Organismen wachsen durch Zellteilung. Alles, was eine Zelle können muss, wird von einem Zellkern auf zwei neue übertragen. Im Wachstum einer Organisation würden wir uns auch oft wünschen, die Leistungsträger einfach vermehren zu können. Was davon können wir für das Unternehmenswachstum übernehmen? Können Organisationen auch durch Zellteilung wachsen? Und wenn ja – wie?
Die größten Hürden in der Organisation von Unternehmenswachstum, gesammelt in meinem Wachstums-ABC – von A wie Autobahntunnel bis Z wie Zellteilung. Den gesamten Überblick finden Sie hier.
Wie die Zellen in einem Organismus müssen auch die Bausteine einer Organisation zusammenwirken – es geht schließlich darum, Aufgaben zum Nutzen des Kunden gemeinsam zu erfüllen, und dabei profitabel zu wirtschaften.
Die DNS im Zellkern enthält alle Informationen, mit denen sich eine Zelle zu einem wirksamen Teil eines Organismus entfalten kann. Im Unternehmen können wir nicht so einfach alles Notwendige von einem Menschen auf den anderen übertragen, denn wir haben es mit Menschen zu tun. Mitarbeiter müssen wir suchen, einarbeiten und obendrein verändern wir damit auch noch die Organisation. Die DNS unserer Organisation enthält deshalb vor allem drei Dinge, die wir an die neuen Mitarbeiter weitergeben müssen: Wissen, Können und Kultur.
Der einfachste Teil: das Wissen.
Wissen ist relativ einfach zu übertragen. Wenn ein Mensch über ausreichend Qualifikation und Erfahrung verfügt, dann lässt sich viel davon in Prozesse, Aufgabenbeschreibungen oder Systeme übertragen. Zum Beispiel beim Braten von Hamburgern. Wir können den optimalen Wassergehalt, die Größe und die Temperatur des Fleischstücks definieren. Bratzeit und -temperatur lassen sich in die Maschinen einspeichern. Der verantwortliche Mensch kann geschult und sein Arbeitsplatz mit Checklisten versehen werden, so dass jeder gebratene Burger perfekt gerät.
Jede Aufgabe hat solche Wissens-Anteile – ob Haarschnitt oder Herz-OP.
Hier wird es knifflig: das Können.
Je weniger die Rahmenbedingungen beeinflusst werden können, desto mehr Können ist gefragt. Denn dann braucht man Urteilsvermögen und die Möglichkeit, bestimmte Anteile des Prozesses zu verändern. Bei einer Herz-OP muss der Chirurg kurzfristig reagieren können. Wenn etwa der Anästhesist feststellt, dass der Patient die Narkose nicht verträgt, muss zuerst dieses Problem behoben werden, erst dann kann der Herzchirurg sich wieder dem eigentlichen Bypass zuwenden. Es wird schwierig, diese Aufgabe so minutiös in Prozesse und Systeme zu verlagern wie den Bräunungsgrad eines Stücks Hackfleisch.
Sein Können entwickelt ein Spezialist durch Übung, Erfahrung und in einem Umfeld, in dem Fehler zu seinem Lernen beitragen. Im Falle einer Herz-OP darf sich das natürlich nicht auf den Patienten auswirken. Deshalb wird so etwas wie ein Meister/Schüler-Verhältnis benötigt. Im ersten Schritt lässt der Meister den Schüler über seine Schulter blicken, so lange bis der Schüler Schritt für Schritt mehr Verantwortung tragen kann (siehe auch hier).
Natürlich ist es zunächst ineffizient, zwei (oder eher eineinhalb) Spezialisten mit einer Aufgabe zu betrauen. Um Können zu entwickeln, brauchen wir jedoch die Zeit und den Raum, in dem die Beteiligten in Gespannen arbeiten. Da Könner in der Regel Mangelware sind, benötigt ein Meister ein besonders effizientes Umfeld, um sich auf sein Können zu konzentrieren. Deshalb sollten so viele Wissensanteile wie möglich in den Prozess verlagert werden.
Was erlaubt ist und was nicht: die Kultur.
Die Kultur bildet ab, wie die Beteiligten in der Organisation entscheiden und sich verhalten. Sie schafft Identität und schließt bestimmtes Verhalten aus, und so gibt sie implizit den Lösungsraum für jede Entscheidung vor. Nach welchem Wertegerüst arbeiten wir? Wen muss ich fragen, bevor ich etwas Bestimmtes verändern möchte? Darf ich den Chef auf einen Fehler hinweisen? Wie ernst sind Terminzusagen gemeint? Was sind gängige Strafen? Wie wird belohnt? Wo liegt die Macht?
Kultur wird erlernt, indem man sich in ihr bewegt: Indem man sich einfügt, beobachtet, darin handelt und dafür Anerkennung oder Bestrafung erhält. Auch dafür braucht man Zeit. Und vor allem gemeinsame Aufgaben und einen gemeinsamen, alltäglichen Kontext.
Zellteilung im Unternehmen.
Die Kunst der Zellteilung im Unternehmen liegt darin, so viel Wissen wie möglich in Prozesse und Systeme zu verlagern, damit das Können Raum für seine Entwicklung findet. Also suchen wir Zellen, die sich möglichst unabhängig organisieren können. Die Buchhaltung könnte so eine Zelle sein: Hier gibt es Aufgaben, die nach Standards abgewickelt werden, andere Aufgaben, zum Beispiel der Jahresabschluss, erfordern etwas mehr Können. Sprechen wir von technischer Konzeption und Entwicklung, müssten wir entscheiden, was sinnvoller ist: organisieren wir die Konzepter in einem Pool, auf den jeder zugreifen kann, oder ordnen wir sie festen Projekten zu?
Es wird also kompliziert. Und individuell. Der Einstieg liegt deshalb in der Frage: Was muss unsere Organisation für den Kunden leisten, welche Aufgaben sind das? Welcher Anteil ist wissensorientiert und welcher erfordert Können? Und so schaffen wir Schritt für Schritt ein Umfeld, in dem Zellteilung funktionieren kann. Auch dann wird es Wachstumsschmerzen geben. Aber an der richtigen Stelle.
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Dr. Torsten Herzberg. Unternehmensentwickler, Vorwärtsbringer, Org-Hacker.
Meine Auftraggeber - sie haben ein tolles Team und starke Ideen. Und sie haben größeres vor. Sie entwickeln neue Strategien, treiben Innovationen voran, ihr Unternehmen wächst. Dabei ist es vor allem die eigene Organisation und ihr Zusammenspiel, das ihnen im Wege steht. Gemeinsam überwinden wir diese Grenzen und heben das Team auf ein neues Leistungsniveau. Wir machen Ziele und Ideen umsetzbar, bereiten die Organisation auf Wachstum vor, und entwickeln notwendiges Know-how. Mit welchen Fragen sie noch zu mir kommen, erfahren Sie hier.