Neuland-Projekte sind anders.
Je größer das Unternehmen wird, desto mehr Beteiligte fordern ein professionalisiertes Projektmanagement. Schließlich werden bei wachsenden Unternehmen alle Prozesse einer Professionalisierung unterzogen. Wie bei vielen anderen Unternehmensprozessen auch, ist es die Suche nach Wiederholbarkeit, Planbarkeit und Verlässlichkeit, um Ressourcen und Ergebnisse besser koordinieren und vorhersehen zu können.
Diese Überlegung enthält jedoch einen potenziellen Denkfehler. Denn der Begriff Projekt beinhaltet zwei Komponenten: Es ist zeitlich begrenzt und außerhalb des Regelbetriebs angesiedelt. Was aber, wenn die Ausnahme die Regel ist?
Ein Projekt definieren
Was ist demnach ein Projekt?
Die Planung eines Urlaubs? Nicht unbedingt, denn man bucht ihn ja jedes Jahr. Aber irgendwie fängt man trotzdem jedes Mal von vorne an. Vielleicht also doch.
Der Bau eines Hauses? Für den privaten Bauherrn wahrscheinlich schon. Für die Bauträgergesellschaft ist es hoffentlich ein Regelprozess.
Wie ist es mit einem Event, beispielsweise einer Hochzeit? Für das Brautpaar ist es in jedem Fall ein Projekt. Für eine Event-Agentur nicht. Und schon gar nicht für die Show-Band, den Blumenlieferanten oder den Catering-Service. Für sie ist das nur ein Auftrag, den sie pünktlich bedienen müssen.
Regelprozess oder Neuland?
Ob etwas ein Projekt ist oder nicht, darüber entscheiden auch noch andere Fragen. Geht es um regelmäßige Aufträge, deren Ergebnisse wir in einen Regelprozess überführen müssen, wie beispielsweise die Entwicklung eines Autos oder einer Software? Oder befinden wir uns in einer Neuland-Situation?
Bei einer Gründung, der Markteinführung einer Innovation oder bei einer organisatorischen Umstrukturierung ist nahezu alles außerhalb des Regelbetriebs und zeitlich begrenzt. Der wesentliche Unterschied ist allerdings, dass es keinen natürlichen Endpunkt gibt. Wie beim Hausbau der Einzug, beim Einführen einer Software das Go-Live oder bei einer Hochzeit der große Tag selbst.
Wann Projektmanagement Sinn macht
Projektmanagement für Auftrags-Projekte ist kein Hexenwerk. Auch wenn es mitunter emotional und hektisch werden kann, ist das Handwerk in Seminaren und mit Übung erlernbar. Es geht um die Gestaltung einer Projektorganisation, die Definition von Arbeitspaketen und das Jonglieren mit Zeit, Qualität und Ressourcen, um den nächsten Meilenstein zu erreichen. Bei der Wiederholung in Aufträgen kommen Checklisten hinzu, damit alle Beteiligten wissen, was sie bis wann liefern müssen. Diese können irgendwann sogar von außen zertifiziert werden, wenn gewünscht.
Das Neuland-Projekt
In Neuland-Situationen können wir allenfalls Phasenpläne aufstellen, Verantwortlichkeiten definieren und Aufgaben verteilen. Das genaue Projektergebnis bleibt offen. Bei der Gründung eines Unternehmens beispielsweise ist alles im Fluss: Organisation, Produkte, Finanzen. Und die spannende Frage lautet: Wann ist die Gründung abgeschlossen?
Ebenso verhält es sich bei der Einführung eines neuen Produkts. Zunächst kaufen es die Pilotkunden, aber am Produkt wird noch gebaut. Wann ist es fertig? Bei einer Umstrukturierung lautet die Frage: Wann läuft es wirklich rund?
Projekte dieser Art enden meist zu einem künstlich definierten Punkt. Anders ausgedrückt ist das der Zeitpunkt, an dem man aufhört, sich explizit darum zu kümmern. Für Neuland-Projekte wäre das aber der sichere Tod.
Neuland braucht Organisation und Struktur. Aber keinen Prozess.
Bevor die Einführung eines Projektmanagement-Prozesses beschlossen wird, sollten Sie sich fragen:
- Wozu brauchen wir das Projektmanagement genau?
- Wem nützt es?
Für den Routinierten könnte es sich um Auftragsprojekte handeln. Diese erfordern einen Prozess. Für den Neuling hingegen ist jedes Projekt Neuland. Und dafür brauchen wir die volle Aufmerksamkeit der Beteiligten und vor allem deren Commitment. Dann sind Prozesse und Zertifikate Nebensache
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Dr. Torsten Herzberg. Unternehmensentwickler, Vorwärtsbringer, Org-Hacker.
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