Herzbergs Wachstums-ABC: E wie Erstverschlimmerung.
Die wenigsten großen Veränderungen geschehen ohne Not. Sei es die Einführung eines neuen CRM-Systems, die Neustrukturierung eines Prozesses, der Ausbau eines Tunnels. Zu Beginn steht vielfach noch die Lust nach Neuem oder nach Veränderung. Doch sobald der erste Schritt getan ist, wird erstmal alles nur noch schlimmer. Die Lust weicht, die Arbeit bleibt.
Die größten Hürden in der Organisation von Unternehmenswachstum, gesammelt in meinem Wachstums-ABC – von A wie Autobahntunnel bis Z wie Zellteilung. Den gesamten Überblick finden Sie hier.
Vielleicht kennen Sie das: Wichtige Veränderungen sollen uns eigentlich vorwärts bringen, und doch kommt es erstmal anders. Der neue Mitarbeiter, der die Entlastung bringen sollte – er braucht mehr Aufmerksamkeit in der Einarbeitung, als ursprünglich geplant. Das neue CRM-System sollte die Arbeit im Vertriebsalltag erleichtern. Stattdessen müssen nun auch manche Prozesse umgestellt werden, damit wir es voll nutzen können. Baustellen überall – So war das nicht geplant!
Alle größeren Veränderungen haben eines gemeinsam: Sobald der erste Schritt getan ist, wird alles erstmal schlimmer.
Das ist fast so, wie beim letzten Umzug. Am Anfang stand die Wohnungs- oder Häusersuche, vielleicht auch die Planung eines Neubaus. Das war zum größten Teil noch mit Spaß verbunden: Besichtigen, gedanklich einrichten, Pläne für das erste Grillfest schmieden.
Und dann kam der Tag, der das Chaos brachte. Die Schränke wurden ausgeräumt, die Kisten stapelten sich, der Platz wurde weniger. Mit den Küchenutensilien verschwanden auch das Frühstück und die Morgenroutine. Und nach einem langen Bürotag warteten wieder nur unsere neuen Freunde: braune Umzugskisten und die ebenfalls nach Pappe schmeckende Pizza Regina vom Lieferdienst. Bis zu dem Zeitpunkt, da endlich der Umzugswagen bepackt werden konnte, machte jeder Handgriff die Situation nur irgendwie schlimmer.
Früher war alles besser: Warum tue ich mir das alles an?
Der Tiefpunkt ist da. Die Lust weicht, die Arbeit bleibt. Spätestens jetzt treibt uns eine altbekannte Frage um: „Warum tue ich mir das alles nur an?„. Und die Erinnerung spielt uns einen Streich. Denn von der Vergangenheit sehen wir vor allem die schönen Dinge: „Wie schön es doch früher war!“ Am liebsten würden wir jetzt alles hinschmeißen.
Auch bei den Veränderungen in unserem Unternehmen ist sicher: Der Tiefpunkt wird kommen. Beim Umzug haben wir vorgebaut, denn der neue Vertrag ist unterschrieben, die alte Wohnung ist gekündigt. Auch für Veränderungen im Unternehmen können wir vorbauen, wenn uns die viele Arbeit den Mut raubt.
Die guten alten Zeiten sind vorbei: Was Sie tun können, um am Tiefpunkt durchzuhalten.
Die alte Situation war uns vertraut, wir haben Lösungen für unsere Probleme geschaffen, und wir konnten gut damit umgehen. In der neuen Situation haben wir neue Probleme und noch keine Lösungen. Egal, wie gut es uns hinterher gehen wird – im hier und jetzt ist das zuweilen ziemlich unbequem. Die folgenden vier Werkzeuge können uns dabei helfen, am Tiefpunkt nicht den Mut zu verlieren.
Der Brief an Sie selbst.
Während Sie euphorisch sind und neue Pläne schmieden, ist der beste Zeitpunkt, um kurz inne zu halten. Was treibt Sie zu der geplanten Veränderung? Was wollen Sie erreichen? Wie fühlt sich das Ziel an? Welchen Zustand wollen Sie abstellen? Was wollen Sie keinesfalls mehr haben?
Wenn Sie sich dies selbst als Brief, oder gemeinsam mit Ihrem Team als Ergebnis eines Workshops aufzeigen können, dann ist ein wichtiger Schritt getan. Diesen Brief bewahren Sie auf. Und sobald das Zweifeln beginnt, holen Sie den Brief heraus und geben sich die Motivation der euphorischen Tage zurück.
Sich die kleinen Schritte bewusst machen.
Im ersten Chaos der Veränderung passen Wunsch und Wirklichkeit nur allzu oft einfach nicht zusammen. Was wir nun akzeptieren müssen: Die Schritte in dieser Phase sind nun mal nicht mehr so groß wie zu Beginn. Aber jeder Schritt führt in Richtung Ziel. Deshalb ist es wichtig, jedem Schritt Aufmerksamkeit, und sich selbst und dem Team Anerkennung dafür zu geben.
Das Veränderungscockpit.
Während der Erstverschlimmerung kann es gut sein, dass der Überblick verloren geht. Auch die kleinen Schritte zeigen nicht unbedingt in Richtung Ziel. Aus Ihrem Brief an sich selbst geht ja hervor, was Sie erreichen wollen und warum. Dann können Sie jetzt auch jeden Schritt auf den Prüfstand stellen: War die Maßnahme richtig? War die Ausführung gut? Wenn Sie beides mit „Ja“ beantworten können, können Sie sich auf die Schultern klopfen. Wenn nicht, können Sie nachjustieren.
Die härteren Bandagen.
Bei aller Motivation. Wenn es heiß hergeht, fallen wir gerne mal in alte Gewohnheiten zurück. So ließ sich Odysseus aus Respekt vor den Sirenen an den Mast seines Schiffes binden. Dem Entdecker Hernan Cortes wird nachgesagt, er habe seine Schiffe verbrannt, um beim Durchqueren Mittelamerikas nicht auf die Idee zu kommen, lieber zurück in die Heimat zu segeln.
Wie können Sie sicherstellen, dass Sie nicht in alte Bahnen zurückkehren? Abhängig vom Projekt können Sie Verträge mit Dienstleistern abschließen, aus denen es sich schwer zurücktreten lässt. Coaching hilft auch. Oder Sie sorgen für so engen Zusammenhalt im Team, dass ein Rückfall zur herben Enttäuschung für jeden Einzelnen wird.
Letztlich hängt es vom Kopf der ganzen Aktion ab: Was wollen Sie selbst für sich und für andere tun, um wirklich konsequent zu bleiben?
Bild: pixabay
Dr. Torsten Herzberg. Unternehmensentwickler, Vorwärtsbringer, Org-Hacker.
Meine Auftraggeber - sie haben ein tolles Team und starke Ideen. Und sie haben größeres vor. Sie entwickeln neue Strategien, treiben Innovationen voran, ihr Unternehmen wächst. Dabei ist es vor allem die eigene Organisation und ihr Zusammenspiel, das ihnen im Wege steht. Gemeinsam überwinden wir diese Grenzen und heben das Team auf ein neues Leistungsniveau. Wir machen Ziele und Ideen umsetzbar, bereiten die Organisation auf Wachstum vor, und entwickeln notwendiges Know-how. Mit welchen Fragen sie noch zu mir kommen, erfahren Sie hier.